Für Valhalla ist es noch Zeit…
Das Zeitalter der Wikinger erlebte in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Angefeuert von Serien wie „Vikings“ oder „The Last Kingdom“ fluteten Bücher, Filme, Rollenspiele und Acessoires den Markt und fanden dankbare Abnehmer. Dabei entstand natürlich ein Bild im Kopf der Käufer, was Wikinger waren und wie sie lebten, woran sie glaubten und was sie liebten oder begehrten. In der Regel ist das Bild dabei zweipolig. Entweder werden sie als überdurchschnittliche Krieger und ausgestorbene Alphamänner heroisiert und idealisiert oder sie werden als brutale Mörder, Vergewaltiger und Brandschätzer verunglimpft beziehungsweise ins übelste Licht gerückt.
Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Wer dann auch noch Zeit, Muse und Interesse hat, sich dieser Wahrheit anzunähern, der kommt nicht darum herum, sich dem einen oder anderen Sachbuch zu dieser Thematik zu widmen.
In diesem Sinne wollen wir euch heute zwei Sachbücher vorstellen, die aus der Flut an möglicher Lektüre herausragen. Einerseits weil sie wirklich sehr informativ und gut recherchiert sind. Andererseits aber weil sie trotz wissenschaftlicher Fundierung sehr gut und spannend zu lesen sind und sich nicht in Fußnoten und akademischen Disputen verlieren.
Das erste Buch stammt von Daniel McCoy und heißt „The Viking Spirit. An Introduction to Norse Mythology and Religion“.
Es ist nur auf englisch erhältlich. Das Buch ist in zwei Teile getrennt. Im ersten Teil erklärt der Autor spannend und plastisch die Grundzüge der nordischen Religion und Mythologie. Hier streift er aber nicht nur die metaphysische Sphäre, sondern erklärt auch die Gesellschaftsordnung der Wikinger und wie religiöse und mythologische Aspekte Einfluss auf die sozialen Normen nahmen. Hierzu zählen auch die Erwartungen an die Geschlechter oder die Bedeutung der Magie für das alltägliche Leben der Skandinavier. Alleine diese ersten hundertzwanzig Seiten sind unglaublich aufschlussreich und erschaffen ein faszinierendes aber auch akkurates Bild der damaligen Götter- und Menschenwelt. Im zweiten Teil stellt der Autor dann 34 sehr wichtige nordische Göttergeschichten vor, welche das zuvor entworfene Bild perfekt abrunden. Durch die einzelnen Geschichten wird das im ersten Teil Erklärte nochmals vertieft.
Wer farbenfrohe Schilderungen bei maximal möglicher Tiefe mag und etwas über den nordischen Götterhimmel erfahren will, kommt am Werk von Daniel McCoy nicht vorbei.
Das zweite Buch stammt von Anders Winroth und heißt „Die Wikinger. Das Zeitalter des Nordens“. Der Autor stellt auch recht kurz den nordischen Götterkosmos vor, legt aber deutlich mehr Wert auf die realpolitische Sphäre. So erfahren wir sehr viel über die Reisen der Nordmänner, ihre Geschichte und viele Entscheidungen, die sich anhand machtpolitischer Erwägungen erklären lassen. Hier erscheinen die Nordmänner und ihre Anführer sehr viel weniger religiös als im ersten Buch. Viele Aktivitäten der Nordmänner, die Europa nachhaltig prägten, sind im Prinzip Fragen des nackten Überlebens gewesen wie zum Beispiel ihr Entschluss, Skandinavien zu verlassen und ihr Glück woanders zu suchen. Winroth macht nicht den Fehler, den Nordmännern religiöse Motive abzusprechen, aber er sieht sie eher als Entdecker, Eroberer, Abenteurer und Seefahrer. Auch sein Buch liest sich sehr gut und zeichnet ein lebhaftes Bild der damaligen Zeit. Es lässt sich wie das zuvor vorgestellte Buch in einem Rutsch lesen.
Beide Bücher können problemlos jeweils alleine gelesen werden. Sie haben zwei unterschiedliche Schwerpunkte. Jedes für sich ist purer Lesegenuss. Aber erst im Zusammenspiel ergeben sie das umfangreiche und abgerundete Bild einer wilden und aufregenden Zeit, in der das Überleben in den Augen der Zeitgenossen vom Willen der Götter, eigener Tatkraft und der notwendigen Portion Glück abhing. Die Lektüre beider Sachbücher kann uneingeschränkt empfoh
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