Wir befinden uns im Norwegen des frühen Mittelalters. Sigurd ist der jüngste Sohn des bekannten und geachteten Jarls Harald und lebt ein recht unbeschwertes Leben als Heranwachsender. Wie viele Jungen träumt er davon einmal ein großer Krieger zu werden, der aufregende Abenteuer besteht, sich einen Namen macht und am Ende seines Lebens den verdienten Platz an der Tafel des Gottes Odin in Valhalla einnimmt.
Diese Idylle wird aber je gestört als der lokale König den ihm zur Treue verpflichteten Jarl an seine Seite ruft, um gemeinsam gegen einen anderen Jarl vorzugehen. Vater Harald folgt dem Ruf seines Königs und geht dabei in eine gut geplante Falle, an deren Ende fast seine gesamte Familie ausgelöscht wird und nur Sigurd mit wenigen Getreuen entkommen kann, während seine jüngste Schwester zur Geisel wird und einen der verräterischen Schurken sogar heiraten soll. Von einer Sekunde auf die andere wird aus dem Jungen ein Mann, der nun führen muss, Entscheidungen trifft und stets auf Rache sinnt. Ob ihm diese am Ende gelingt und er seine Schwester befreien kann?
Spätestens seit dem Erfolg der Amazon Prime- Serie “ Vikings“ über das Leben und Sterben der Lothbrok- Sippe sind die Wikinger wieder in aller Munde. Das Rache- Epos von Giles Kristian umfasst drei Bände und spielt am Ende des 8. Jahrhunderts. Jeder einzelne Band ist sehr lesenswert. Sie entführen in eine martialische und archaische Welt, in eine vorchristliche Zeit, in der die Asentreue (Glaube an die alten nordischen Götter) noch verbreitet war und Begriffe wie Ehre, Treue, Familie und Schiffsgemeinschaft eine große Rolle spielten. Natürlich ist es ungeklärt, ob diese Fiktion der damaligen Realität entsprach, aber nichts desto trotz fasziniert diese Epoche den heutigen Leser sehr. Der Autor unterliegt dabei nicht dem Fehler das damalige Leben zu idealisieren. Im Gegenteil zeigt er es in all seinen blutigen und grausamen Facetten. Der Leser ist am Ende heilfroh, dass er dieses Abenteuer in der Sicherheit seiner vier Wände erlebt und nicht tatsächlich Bestandteil dieses schwierigen Kampfes um Genugtuung und Rache ist. Die Schilderungen von Giles Kristian sind sehr kraftvoll, drastisch und plastisch. Er schreibt historisch genau und entwirft somit ein rundes Bild des frühmittelalterlichen Norwegens. Dem Autoren gelingt es auch das Bild zu vermitteln, dass die damaligen Skandinavier eher mit ihren Göttern lebten als für sie. Die Unsterblichen und ihre Geschichten gehörten irgendwie zum Alltag dazu, obwohl sie bei aller Macht ebenso fehlbar wie die Sterblichen waren. Das steht in scharfem Kontrast zu den später herrschenden Religionen, in denen die Fehlbarkeit des abrahamitischen Gottes undenkbar war. Die Hauptfigur Sigurd wird in all ihren Sorgen, Ängsten und Wünschen sehr genau ausgestaltet. Die Gefährten Sigurds werden zwar in ihren inneren Konflikten nicht genauso tief gezeichnet wie die Hauptfigur, aber ihre Schilderungen sind so gut geglückt, dass man sich auch mit Ihnen problemlos identifizieren kann. Man wünscht der Gemeinschaft um Sigurd das Gelingen ihrer Rachepläne.
Wer sich für die rauhe Welt der Wikinger begeistern kann und noch geeigneten Lesestoff für den Sommer sucht, dem sei die dreibändige „Sigurd- Saga“ empfohlen. Alle Bände sind spannend geschrieben, glänzen mit Detailfreude und entführen den Leser in eine längst untergegangene Epoche Nordeuropas.
Erhältlich als Taschenbücher und e-books
Erschienen im Heyne Verlag
Veröffentlicht am 09. November 2015/ 14. November 2016/ 14. August 2017
ISBN: 978-3453438248 / 978-3453438255/ 978-3453438262
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